Ufersteilwände an der Lippe – Monitoring von Eisvogel und Uferschwalbe 2020

Der Lippeverband unternimmt seit den 1990er Jahren auch im Kreis Unna erhebliche Anstrengungen, um die Lippe und ihre Aue naturnah umzugestalten.

In diesem Zusammenhang wurden vom Lippeverband an Flussabschnitten, an denen sich die Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, seit 1994 sukzessive die Ufer entfesselt und damit naturnah umgestaltet (s. Abb. 1 und 2). An vielen Uferabschnitten sind nachfolgend Steilufer entstanden, die zahlreichen Tieren einen neuen Lebensraum bieten (s. Abb. 3). Als Leitarten für die Zoozönose der Steilufer können der Eisvogel (Alcedo atthis) und die Uferschwalbe (Riparia riparia) angesehen werden, die auf senkrecht ausgerichtete Uferwände für die Anlage ihrer Brutröhren angewiesen sind.

 Abbildung 1: Uferentfesselung linkes Lippeufer im Bereich des NSG „Lippeaue von Lünen bis Schleuse Horst“.

Abbildung 2: In 2010 umgestaltetes, rechtsseitiges Lippeufer im NSG „Lippeaue von Lünen bis Schleuse Horst“.

Um den Einfluss der naturnahen Umgestaltung der Lippeufer auf den Brutbestand von Eisvogel und Uferschwalbe zu erfassen, führt die Biologische Station seit 2008 jährlich ein Monitoring am gesamten Lippeufer im Kreis Unna durch (s. Abb. 3).

Abbildung 3: Steilufer am östlichen Rand des (ehemaligen) NSG „Schleuse Horst“ (Foto vom 21.09.2016)

 

Ergebnisse Eisvogel

Neben den Brutplätzen aus 2020 sind in der Abbildung 4 auch die Kartier-Ergebnisse aus den Jahren 2008 bis 2019 dargestellt. Am gesamten Lippelauf im Kreis Unna wurde in 2008 mit 19 Brutpaaren bis dahin ein Höchststand an Brutpaaren, bezogen auf die Erstbrut, registriert. Nachdem 2009 nur noch vier Brutpaare ermittelt wurden, konnte sich der Bestand in den Folgejahren wieder weitgehend erholen (s. Abb. 4).

Abbildung 4: Eisvogel-Brutpaare an der Lippe im Kreis Unna im Zeitraum von 2008 bis 2020.

 

In 2014 gab es dann die positive Überraschung, dass 23 Brutpaare des Eisvogels erfasst werden konnten. In 2015 wurde dann sogar das bisherige Maximum mit 26 sicher festgestellten Brutpaaren erfasst.

Die folgenden Winter zwischen 2016 und 2019 waren zwar relativ lang, aber nicht von übermäßig tiefen Temperaturen, die nur selten in einem stärkeren Frostbereich lagen, geprägt. Trotzdem ging die Zahl der registrierten Eisvogel-Brutpaare wider Erwarten bis einschließlich 2019 kontinuierlich bis auf 10 Brutpaare zurück.

In 2020 wurden mit 20 Brutpaaren doppelt so viele Paare erfasst wie in 2019. Nur in 2014 und 2015 wurden mehr Eisvögel an der Lippe im Kreis Unna beobachtet (s. Abb. 4). An den einzelnen Flussabschnitten wurden drei Brutpaare am Flussabschnitt Kreisgrenze Hamm bis Werne im Osten, neun Brutpaare am Flussabschnitt Werne bis Lünen und acht Brutpaare am Flussabschnitt von Lünen bis zur westlichen Kreisgrenze nach Recklinghausen ermittelt (s. Abb. 5).

Abbildung 5: Eisvogelbrutplätze Lippeaue Kreis Unna in den Jahren 2008 bis 2020.

 

Ergebnisse Uferschwalbe:

Die Steilufer wurden zur Erfassung der Uferschwalbenbrutpaare im Zeitraum 27.Mai bis 8. Juni 2020 in zwei Kartier-Durchgängen jeweils für mehrere Stunden beobachtet. Von den Steilwänden mit Brutröhren wurde ein Foto angefertigt und besetzte Brutröhren markiert (s. beispielhaft Abb. 6).

Abbildung 6:  Ausschnitt der Steilwand an der Lippe nördlich des Segelflugplatzes Lünen mit einigen Brutröhren der Uferschwalbe (Foto vom 27.05.2020) (rot umrandet = besetzte Röhren am 08.06.2020).

 

Nachdem sich in den Jahren 2006 bis 2009 der Bestand der Uferschwalbe an der Lippe im Kreis Unna auf ca. 100 Brutpaare eingependelt hatte, wurde in den Folgejahren eine teils erheblich geringere Anzahl an Brutpaaren registriert (s. Abb. 7). In 2013 konnten dann insgesamt 131 und in 2014 an fünf Steilwänden insgesamt 102 Brutpaaren der Uferschwalbe festgestellt werden. In 2015 wurde mit 200 Brutpaaren ein absoluter Höchstwert an Uferschwalbenbrutpaaren an der Lippe beobachtet. Diese Uferschwalben verteilten sich, im Gegensatz zu sieben Steilwänden, die z.B. in 2013 als Brutplatz angenommen worden waren, auf nur drei Steilwände. Ab 2016 wurden sukzessive wieder deutlich weniger Uferschwalben registriert. In 2018 konnte dann nur noch an einer Steilwand im Umfeld des Langerner Hufeisens zwischen Lünen und Werne 11 Brutpaare erfasst werden. In 2019 hat sich der Bestand an Uferschwalben mit 55 Brutpaaren an vier Steilufern wieder etwas erholt.

Im gesamten Lippeabschnitt Kreis Unna wurden in 2020 mit insgesamt 50 Uferschwalben-Brutpaare an nur zwei Steilwänden eine ähnliche Anzahl Brutpaare registriert wie in 2019. Eine Steilwand befindet sich östlich der Autobahn A1 in der 14 besetzte Brutröhren vorgefunden wurden. Eine zweite Steilwand befindet sich im Untersuchungsraum westlich Lünen, wo nördlich des Segelflugplatzes in einer Steilwand 36 Brutpaare erfasst wurden (s. Abb. 7 und 8).

Abbildung 7: Uferschwalben-Brutpaare an der Lippe im Kreis Unna im Zeitraum von 2008 bis 2020.

Abbildung 8: Uferschwalbenbrutplätze der Jahre 2008 bis 2020.

 

Fazit

In 2015 war mit 26 Brutpaaren ein absoluter Höchststand im Brutbestand der Eisvögel. Nach den sehr kalten Wintern 2008/2009 und 2009/2010, mit hohen Verlusten und einem Rückgang des Bestandes von 19 Brutpaaren auf nur noch 4 Brutnachweise in 2009, hatte der Bestand in 2015 diesen Höchststand erreicht. Danach ging der Bestand kontinuierlich zurück, wobei die Ursachen vielfältig sein können.

Da milde Winter nicht dafür sprechen, dass klimatische Faktoren ausschlaggebend waren, werden verschiedene Krankheiten als Ursache des Bestandseinbruches diskutiert.

Umso erfreulicher ist die deutliche Bestandszunahme auf 20 Brutpaare an der Lippe im Kreis Unna von 2019 auf 2020 zu werten. Für die Verdopplung des Bestandes gegenüber dem Vorjahr kann aktuell allerdings keine schlüssige Erklärung gegeben werden.

Generell ist der Anstieg der registrierten Eisvogel-Brutpaare nicht nur auf die eher milden Winter zurückzuführen. Auch die inzwischen sehr zahlreich vorhandenen kleineren und größeren Uferabbrüche längs der Lippe bieten eine ausreichende Anzahl an potentiellen Brutplätzen. Die verbesserte Wasserqualität und eine größere Strukturvielfalt im Gewässer bedingen auch ein verbessertes Nahrungsangebot an Kleinfischen und anderen Wasserorganismen in den flacheren Fließgewässerbereichen und leisten so einen wichtigen Beitrag zu den verbesserten Lebensbedingungen an diesem Flachlandfluss.

Nachteilig wirken sich sowohl Krankheiten als auch der Besucherdruck in den Lippe-Naturschutzgebieten auf die Entwicklung des Brutbestandes der Eisvögel und Uferschwalben aus.

Seit der Rückkehr der Uferschwalbe an die Lippe im Kreis Unna im Jahr 2000 wurde in 2015 mit 200 Brutpaaren das bislang höchste Brutvorkommen registriert. Die erfreuliche Entwicklung belegt, dass diese Vogelart durch die Entfesselung zahlreicher Uferbereiche an verschiedenen Flussabschnitten geeignete Lebensraumstrukturen vorfindet. In 2018 musste, wie bereits in 2016 und 2017, ein deutlicher Rückgang in der Anzahl erfasster Uferschwalben beobachtet werden. In 2019 wurde wieder eine leichte Bestandsverbesserung registriert. In 2020 wurde ein Bestand mit 50 Brutpaaren auf einem ähnlichen Niveau wie in 2019 festgestellt.

Ein Vergleich der Ergebnisse aus den vergangenen Jahren bestätigt, dass sich nicht vorhersagen lässt, welche Steilufer in einer Brutsaison angenommen werden. Fast jährlich wechseln die Steilufer in Anzahl und Lage, die von dieser Vogelart als Brutplatz ausgewählt werden (Karten 3 und 4).

Das Monitoring sollte über 2020 hinaus fortgeschrieben werden. Durch die verbesserten Rahmenbedingungen wird, in Abhängigkeit von der Witterung in den Wintermonaten, beim Eisvogel eine weitere Bestandszunahme erwartet. Bei der Uferschwalbe gibt die künftige Bestandsentwicklung in Kombination mit Ergebnissen von benachbarten Lippeabschnitten wichtige Hinweise auf den generellen Trend im Vorkommen dieser Vogelart.